Eine "versteckte" Rebe, die Sanftheit bringt: Cinsault und AOC Languedoc
Keiner weiß, warum die Cinsault-Rebe eigentlich nirgends
zur Herstellung eines reinen Cinsault-Weines verwendet wird. Dabei sagt man von
ihr, sie sei herzhaft und sanft - eine richtig weibliche Rebe, wie vor allem
die englischen Weinliebhaber behaupten - und gäbe einen wundervollen Wein.
Manche glauben, die Cinsault-Rebe gehöre einfach zu den
Dingen im Leben, deren echter Wert nicht erkannt würde. So verwendet man sie in
den verschiedensten Cuvées, um andere Weinsorten zu verfeinern. Sie verleiht "männlicheren“
Rebsorten als sie ein wenig von ihrem Charme und ihrer Sanftheit und gibt ihnen
ein intensives, doch zugleich weiches Bukett.
Das heißt - es gibt eine einzige Herkunftsbezeichnung, wo
die Cinsault-Rebe ganz allein zu ihrer vollen Geltung kommt: der italienische
Wein Ostuni Ottavianello. Doch er ist rar - jährlich werden niemals mehr als
tausend Kisten produziert.
Betrachtet man die Cuvées, in denen die Cinsault ihre
heimliche und doch so wichtige Rolle spielt, so stellt man fest, dass sie sich
mit den königlichsten unter den Weinen verbindet. So gehört sie zu den sechs
Rebsorten, die oft mit Côte-de-Rhone vermischt werden und zu den
dreizehn Auserwählten, die den Châteauneuf-du-Pape verfeinern dürfen.
Selbst in Australien ist sie bekannt, wo man sie Black Prince, den Schwarzen
Prinzen, nennt oder Oeillade - nicht zu verwechseln mit dem Oeillade aus
dem Langendoc, einem alten, einheimischen Wein, der mit der Phylloxera
verschwand. Die Cinsault-Rebe ist bekannt in Amerika, Marokko und Südafrika,
und im Libanon gehört sie zu der Cuvée des bekannten Château Musar, dem größten Wein
des Landes.
In Südafrika machte die Cinsault sogar Geschichte. Bei
einem wissenschaftlichen Versuch an der Universität Stellenbosch wurde die Rebe
erstmalig mit Pinot Noir gekreuzt. Das Ergebnis war so überzeugend, dass die
Wissenschaftler ihre Wissenschaft schnell vergaßen... Auf diese Weise wurde der
einzige "echt" südafrikanische Wein erschaffen, der Pinotage.
Doch wirklich zu Hause ist die Cinsault inzwischen im
Languedoc, dessen sonnige und trockene Weinberge ihm eine ideale Heimat bieten.
Denn der einzige "Nachteil" von Cinsault ist, dass sie in einer
feuchten Umgebung schnell krank wird und zur Fäule neigt. Cinsault ist also
eine richtige Mittelmeer-Rebe. Sie liebt Hitze, lange, trockene Sommer und
Böden wie zum Beispiel Schiefer, die den Regen schnell abfließen lassen. - Dies
sind übrigens Eigenschaften, die auch in Algerien, Marokko oder Südafrika
geschätzt werden.
Im Bereich des AOC Languedoc wird die Cinsault gern mit
Grenache und Carignan vermischt, zwei Rebsorten, die weitaus härter und männlicher
sind als die Cinsault und eine "weibliche Hand" gut brauchen können.
Auf diese Weise verfeinert die Cinsault mehrere Rotweine des AOC Languedoc -
doch wir verdanken ihr vor allem hervorragende Rosés. Ihre Feinheit und
Vollmundigkeit macht den Rosé unwiderstehlich.
Obwohl die Cinsault-Rebe schon seit alten Zeiten im
Mittelmeerbereich bekannt ist, wurde sie erst nach der Phylloxera richtig
eingesetzt. In den Augen der Winzer des Languedoc gehörte sie damals zu den
sogenannten "minderwertigen" Reben. Nach der Katastrophe, wo aus
Amerika eingeführte Rebläuse quasi alle Weinberge zerstörten, zog man es vor,
die einheimischen Rebsorten auf die immunen Arten aus Amerika zu pfropfen, anstatt
Rebsorten zu verwenden, die sich zwar schon bewährt hatten, aber mit dem
Vorurteil des mittelmäßigen Weins belegt waren.
Doch die amerikanischen Arten passten sich nicht an das
europäische Mittelmeerklima an, und schon bald sah man sich im Languedoc
gezwungen, "minderwertige" Rebsorten zu verwenden, die damals vor
allem in Spanien üblich waren. So gehörte die Cinsault zu den Arten, die man bald
überall im Bereich des heutigen AOC Languedoc finden konnte. Und schon nach
wenigen Jahren stellte man fest, dass man sich geirrt hatte: die neuen Arten waren
absolut nicht minderwertig, sondern gaben einen hervorragenden Wein, der,
letztendlich, mit dem Gütesiegel AOL ausgezeichnet wurde.
Copyright: Sandra Winters
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