Donnerstag, 20. Juni 2013

Cinsault im AOC Languedoc: die "weibliche" Rebe

Eine "versteckte" Rebe, die Sanftheit bringt: Cinsault und AOC Languedoc

Keiner weiß, warum die Cinsault-Rebe eigentlich nirgends zur Herstellung eines reinen Cinsault-Weines verwendet wird. Dabei sagt man von ihr, sie sei herzhaft und sanft - eine richtig weibliche Rebe, wie vor allem die englischen Weinliebhaber behaupten - und gäbe einen wundervollen Wein.

Manche glauben, die Cinsault-Rebe gehöre einfach zu den Dingen im Leben, deren echter Wert nicht erkannt würde. So verwendet man sie in den verschiedensten Cuvées, um andere Weinsorten zu verfeinern. Sie verleiht "männlicheren“ Rebsorten als sie ein wenig von ihrem Charme und ihrer Sanftheit und gibt ihnen ein intensives, doch zugleich weiches Bukett.

Das heißt - es gibt eine einzige Herkunftsbezeichnung, wo die Cinsault-Rebe ganz allein zu ihrer vollen Geltung kommt: der italienische Wein Ostuni Ottavianello. Doch er ist rar - jährlich werden niemals mehr als tausend Kisten produziert.

Betrachtet man die Cuvées, in denen die Cinsault ihre heimliche und doch so wichtige Rolle spielt, so stellt man fest, dass sie sich mit den königlichsten unter den Weinen verbindet. So gehört sie zu den sechs Rebsorten, die oft mit Côte-de-Rhone vermischt werden und zu den dreizehn Auserwählten, die den Châteauneuf-du-Pape verfeinern dürfen. Selbst in Australien ist sie bekannt, wo man sie Black Prince, den Schwarzen Prinzen, nennt oder Oeillade - nicht zu verwechseln mit dem Oeillade aus dem Langendoc, einem alten, einheimischen Wein, der mit der Phylloxera verschwand. Die Cinsault-Rebe ist bekannt in Amerika, Marokko und Südafrika, und im Libanon gehört sie zu der Cuvée des bekannten Château Musar, dem größten Wein des Landes.

In Südafrika machte die Cinsault sogar Geschichte. Bei einem wissenschaftlichen Versuch an der Universität Stellenbosch wurde die Rebe erstmalig mit Pinot Noir gekreuzt. Das Ergebnis war so überzeugend, dass die Wissenschaftler ihre Wissenschaft schnell vergaßen... Auf diese Weise wurde der einzige "echt" südafrikanische Wein erschaffen, der Pinotage.

Doch wirklich zu Hause ist die Cinsault inzwischen im Languedoc, dessen sonnige und trockene Weinberge ihm eine ideale Heimat bieten. Denn der einzige "Nachteil" von Cinsault ist, dass sie in einer feuchten Umgebung schnell krank wird und zur Fäule neigt. Cinsault ist also eine richtige Mittelmeer-Rebe. Sie liebt Hitze, lange, trockene Sommer und Böden wie zum Beispiel Schiefer, die den Regen schnell abfließen lassen. - Dies sind übrigens Eigenschaften, die auch in Algerien, Marokko oder Südafrika geschätzt werden.

Im Bereich des AOC Languedoc wird die Cinsault gern mit Grenache und Carignan vermischt, zwei Rebsorten, die weitaus härter und männlicher sind als die Cinsault und eine "weibliche Hand" gut brauchen können. Auf diese Weise verfeinert die Cinsault mehrere Rotweine des AOC Languedoc - doch wir verdanken ihr vor allem hervorragende Rosés. Ihre Feinheit und Vollmundigkeit macht den Rosé unwiderstehlich.

Obwohl die Cinsault-Rebe schon seit alten Zeiten im Mittelmeerbereich bekannt ist, wurde sie erst nach der Phylloxera richtig eingesetzt. In den Augen der Winzer des Languedoc gehörte sie damals zu den sogenannten "minderwertigen" Reben. Nach der Katastrophe, wo aus Amerika eingeführte Rebläuse quasi alle Weinberge zerstörten, zog man es vor, die einheimischen Rebsorten auf die immunen Arten aus Amerika zu pfropfen, anstatt Rebsorten zu verwenden, die sich zwar schon bewährt hatten, aber mit dem Vorurteil des mittelmäßigen Weins belegt waren.

Doch die amerikanischen Arten passten sich nicht an das europäische Mittelmeerklima an, und schon bald sah man sich im Languedoc gezwungen, "minderwertige" Rebsorten zu verwenden, die damals vor allem in Spanien üblich waren. So gehörte die Cinsault zu den Arten, die man bald überall im Bereich des heutigen AOC Languedoc finden konnte. Und schon nach wenigen Jahren stellte man fest, dass man sich geirrt hatte: die neuen Arten waren absolut nicht minderwertig, sondern gaben einen hervorragenden Wein, der, letztendlich, mit dem Gütesiegel AOL ausgezeichnet wurde.
Copyright: Sandra Winters


Dienstag, 18. Juni 2013

AOC Languedoc, Wein und Phylloxera

Warum wir die Entstehung des AOC Languedoc der Phylloxera verdanken


Eigentlich ist es schwer zu glauben, dass solch ein winziges Insekt solch großen Schaden anrichten sollte. Übrigens war man im Languedoc damals überzeugt, den wahren Schuldigen an der Phylloxera zu kennen: den Erfinder des Dampfers. Denn wäre der Dampfer nicht erfunden worden, so hieß es, hätte man den Wein aus Amerika nicht so schnell über den Ozean transportieren können, und die gefährlichen Blattläuse wären tot gewesen, bevor sie in Europa ankamen. Doch mit dem Dampfer ging eben alles viel zu schnell.

Als im 18. und 19. Jahrhundert französische Pioniere nach Amerika gingen, wollten sie auf den guten Wein ihrer Heimat nicht verzichten. Flaschen konnte man damals noch nicht exportieren oder, besser gesagt, der Transport war derartig lang und kompliziert, dass der Import von europäischen Spezialitäten nach Amerika den Reichen vorbehalten war.

Was lag also näher, als den Wein direkt auf dem eigenen Feld zu produzieren? Denn das geübte Auge der französischen Weinbauern, die nach Amerika ausgewandert waren, um dort billiges Land und Reichtum zu finden, stellte bald fest, dass der Boden in manchen Gegenden dem in Frankreich ähnelte. - Später stellte man dann fest, dass die geübten Weinbauern sich getäuscht hatten. Sämtliche Weinstöcke gingen ein. Aber vorher hatte man noch die Zeit, einiges von dem amerikanischen Wein nach Frankreich zu transportieren - und mit ihm die Reblaus, die die Phylloxera produzierte.

Die Methode, einen Weinstock zu töten, ist für diese Läuse ganz einfach: sie greifen die Wurzeln an und saugen von dort aus den Saft aus der Pflanze, die langsam aber sicher eingeht. So kriegt man die Phylloxera erst mit, wenn es definitiv zu spät ist. Das Gebiet des heutigen AOC Languedoc wurde am schwersten betroffen. Die Rebart, die damals dort wuchs, Vitis vanifera, "schmeckte" den Rebläusen ganz ausgezeichnet, und schon bald gab es fast keinen Weinberg mehr, der der Phylloxera nicht zum Opfer gefallen wäre.

Languedoc ohne Wein - undenkbar. Es musste also schnell Abhilfe geschaffen werden. Und die Wissenschaftler, die sich an der Universität von Montpellier zusammengetan hatten, fanden bald eine logische Lösung: wenn der Schädling aus Amerika eingeschleppt wurde, dort aber nur die importierten französischen Weinstöcke zerstört, so müssen die amerikanischen Rebsorten ja eigentlich immun sein. - Es war sicherlich nicht leicht, die Winzer aus dem Languedoc davon zu überzeugen, ihre einheimischen Weine auf amerikanische Wurzelstöcke zu pfropfen - doch am Anfang schien dies die einzige Lösung zu sein, schnell wieder einen Qualitätswein zu produzieren.

Leider funktionierte auch diese Idee nicht lange. Die amerikanischen Wurzelstöcke konnten sich nicht so recht dem Boden des Languedoc anpassen. So war man gezwungen, minderwertige Rebsorten aus Spanien zu importieren, zum Beispiel den Carignan oder den Mourvèdre.

Doch schon Mitte des 20. Jahrhunderts war es klar, dass diese ursprünglich minderwertigen Rebsorten nichts "minderwertiges" mehr an sich hatten. Und als der erste Wein von Languedoc zum AOC Languedoc (geprüfte Herkunftsbezeichnung) erklärt wurde - der AOC Fougères -, da wusste man, dass die Phylloxera den Weinliebhabern fast einen Gefallen getan hatte. Denn mit der Erneuerung war den Winzern klar geworden, dass beim Wein nicht die Quantität sondern die Qualität zählte. Und aus den importierten "minderwertigen" Rebarten ist der weltweit bekannte Spitzenwein AOC Languedoc geworden...
Copyright: Sandra Winters