Freitag, 3. April 2015

Rebsorten aus Frankreich: Carignan, die Traube, die im Languedoc „entdeckt“ wurde

Carignan, die verkannte Rotwein-Traube aus dem Süden

Wie viele andere südliche Rebsorten, zieht die Carignan-Traube kargen, trockenen Boden vor - die typische Erde des Mittelmeerraums. Sie wächst natürlich auch auf fruchtbareren Böden, zum Beispiel in den Ebenen der nördlichen Gebiete Frankreichs oder Italiens, wo die Rebe mit dem sowieso schon reichen Ertrag noch mehr Trauben trägt als im Süden - doch der Wein ist von minderer Qualität, sein Geschmack ist streng mit einer Tendenz zu starker Säure.

Diese im Pflanzenreich an sich ungewöhnliche Reaktion, auf reicherem Boden schlechtere Qualität zu erzeugen, führte dazu, dass man Carignan lange für eine minderwertige Rebsorte hielt oder zumindest für einen Wein, den man nur im Verschnitt mit anderen Traubenarten benutzen konnte. Andererseits wollte man auch nicht auf ihre guten Eigenschaften verzichten: ihre schöne, dunkelrote Farbe, die sich bei der Mazeration auch auf andere Trauben überträgt und ihr starkes Tannin, das geschmacklich Probleme bereiten kann, doch dazu beiträgt, dass der Wein lange langerfähig ist.

Ein anderes Problem, das ausschließlich die Weinberge in kälteren Gegenden - das heißt außerhalb des Mittelmeereinflusses - betrifft, ist die späte Reife der Carignan-Traube. Im Gegensatz zu anderen Rebsorten beginnt ihr Zyklus erst spät im Jahr, das heißt nicht vor Mitte Juni. Dadurch kann ihr zwar Frühlingsfrost nichts anhaben, sie ist aber dem ersten Frost im Herbst ausgesetzt. Die Kälte zerstört vielleicht nicht die Ernte, aber sie hat einen großen Einfluss auf die Qualität des Weines.

So kommt es, dass erst die Experimentierlust der jüngsten Winzergeneration des Languedoc die Qualitäten des Carignan als sortenreiner Wein aufdeckte. Der typisch trockene und karge Boden im Süden Frankreichs und die garantiert frostlosen Herbsttage lassen die Trauben voll ausreifen und ihr Aroma entwickeln, das heißt den fruchtigen Geschmack, den man ihnen so lange abgesprochen hat. Ein gut ausgereifter Carignan erinnert an rote Waldfrüchte, Pflaumen, Edelgewürze und die Düfte der südlichen Heidelandschaft. Keltert man die Trauben als Roséwein, so gewinnt man einen ausdrucksstarken, angenehmen Fruchtgeschmack.

Um einen guten Carignan zu erhalten, muss der Winzer auch auf das Alter der Weinstöcke achten. Denn wenn die ausgereiften Trauben einer jungen Pflanze auch schon den typischen Fruchtgeschmack entwickeln, so ist das Tannin doch noch sehr bitter und der Wein hat einen hohen Säuregehalt. Mit den Jahren entwickeln sich diese Eigenschaften jedoch zurück, und mit dreißig bis fünfzig Jahren, wenn die Weinstöcke „erwachsen“ sind, dominiert der Fruchtgeschmack. - Dies ist einer der Gründe, warum die Weinmacher aus dem Languedoc einen so guten Carignan keltern: viele Carignan-Weinberge wurden hier schon in den 1950er oder 60er Jahren angepflanzt und sind inzwischen im „besten Alter“.  

Um die Nachteile zu junger Weinstöcke oder aus Klimagründen schlecht ausgereifter Trauben zu kompensieren, hat man Carignan lange in Cuvées benutzt. Syrah, Grenache oder auch Cinsault - vor allem für den Roséwein - gelten als ausgezeichnete Rebsorten, um das starke Tannin und den hohen Säuregehalt von zu jungen Carignan-Pflanzen oder schlecht ausgereiften Trauben zu überdecken. In Verbindung mit Grenache gibt Carignan einen feinen, eleganten Wein, mit Syrah wird er fruchtig und aromatisch.

Ein berühmter Wein, der schon immer von der Qualität des Alterungsprozesses des Carignan profitiert hat, ist der spanische Rioja. Doch man findet die Carignan-Traube auch in den Cuvées der korsischen Weine, unter anderem in Ajaccio oder Calvi, im Faugères, wo sie, zum Beispiel in einer hervorragenden AOC-Cuvée von Mas Onésime, bis zu 45 Prozent ausmacht, sowie in etlichen Languedoc-Weinen, wo das Weingut VillaTempora 40 Prozent Carignan mit Syrah und Grenache verschneidet, um seinen ausgezeichneten Rotwein „Villa Tempora“ zu keltern.

Doch Carignan wird auch in anderen französischen Weingegenden nicht verschmäht. So verwendet man ihn im Roussillon, in der Provence und sogar im Rhone-Tal, wo er Bestandteil von mehreren geographischen Herkunftsbezeichnungen aus der Gruppe der „Côtes du Rhône Villages“, aber auch von „Côte de Rhone“ und „Beaumes de Venise“ ist.

Mehr Informationen über die Rebsorte Carignan und ihre Geschichte. 
Copyright: Sandra Winters

Mittwoch, 23. April 2014

Chardonnay-Weine aus Frankreich und der Welt

Chardonnay, ein Wein aus Frankreich, der Karriere machte

Begonnen hat alles in einem kleinen Dorf im französischen Burgund namens Chardonnay. Zumindest glauben das die Weinexperten. Doch sie wissen natürlich nicht, wie die Traube, die später einen der bekanntesten Weißweine der Welt werden sollte, nach Chardonnay kam…


Doch es ist möglich, dass sie wirklich in Chardonnay entstand. Denn viele Experten gehen davon aus, dass der Chardonnay aus einer natürlichen Kreuzung zwischen Gouais und Pinot hervorgegangen ist. Es scheint auch, dass seine Weinstöcke genetische Übereinstimmungen mit anderen Weinen aus Burgund aufweisen.

Man weiß dagegen sicher, ist dass es Mönche waren, die den Chardonnay überall in Frankreich verbreitet haben - und das, obwohl die Chardonnay-Rebe nicht unbedingt zu den unempfindlichsten Weinarten gehört. In nördlichen Gegenden ist das Hauptproblem ihre frühe Reife. Denn frühe Reife im Herbst - was den Winzern natürlich gefällt - bedeutet natürlich frühes Sprießen der Blätter und frühe Blüte. In südlichen Gefilden bereitet diese Eigenschaft nur selten Probleme. In nördlicheren Lagen, dagegen, wo der Morgenfrost sich oft noch spät im Frühling bemerkbar macht, können die Chardonnay-Reben schwere Schäden erleiden.

Man könnte davon ausgehen, dass die frühe Reife des Chardonnay ihn zu einem idealen Mittelmeerwein macht. Doch dort gibt es ein anderes Problem: der Chardonnay aus dem Languedoc oder der Provence ist anfällig auf zu große Trockenheit. Dabei ist es natürlich günstig, dass er früh zur Blüte kommt, zu einer Jahreszeit, wo auch in Südfrankreich noch mit Regen und Morgentau zu rechnen ist - aber in manchen Jahren auch noch mit Morgenfrost.

Trotz dieser Probleme wurde der Chardonnay weltbekannt, als die Farmer im Amerika des 19. Jahrhunderts nach neuen Möglichkeiten suchten, ihren eigenen Wein anzubauen. Sie importierten einen Großteil ihrer Rebsorten aus Frankreich, dem Land, das in ihren Augen den besten Wein der Welt hervorbrachte: Wein aus Frankreich galt in den amerikanischen Kreisen dieser Zeit als höchster Luxus. Zu den importierten Rebsorten gehörte auch der Chardonnay, der sich schnell an das neue Klima anpasste und hielt, was er in Frankreich versprochen hatte.

Inzwischen ist Chardonnay aus den großen wie auch den „kleinen“ Weinen nicht mehr wegzudenken. Die Rebsorte wird zu Champagner verarbeitet, geht in die großen Burgunder-Weine ein und wird, vor allem im Languedoc, als sortenreiner Weißwein gekeltert.

Die größten Chardonnay aus Frankreich - oder der Welt - findet man jedoch jedes Jahr im März auf Château des Ravatys, einem Weingut, das zum Institut Pasteur in Saint Lager im Bezirk von Burgund gehört. Saint Lager mag als kleine Stadt gelten, doch sie hat den seltenen Titel einer „internationalen Weinreben- und Weinstadt“. Hier findet die „Qualitäts-Gegenüberstellung der besten Chardonnay der Welt“ (Confrontation qualitative des meilleurs Chardonnay du Monde) statt. Zum Erstaunen der Freunde von Wein aus Frankreich, sind die französischen Chardonnay nicht die einzigen, die eine Goldmedaille mit nach Hause nehmen: im März 2014 gingen acht Goldmedaillen nach Frankreich, zwei nach Südafrika, und je eine nach Kanada, China, Australien, Schweiz, Spanien, Slowenien und in die Tschechische Republik.

Copyright: Sandra Winters

Mittwoch, 16. April 2014

Weißwein im Languedoc - ein Wein, dessen Ursprungsland man oft vergisst?

Ein Wein, der geographisch oft falsch zugeordnet wird: Weißwein im Languedoc

„Wein aus dem Languedoc?" überlegt die Dame in den Vierzigern, die vorher versichert hat, zu den großen Liebhabern der französischen Weine zu gehören. „Das liegt doch im Süden von Frankreich, am Mittelmeer." Sie denkt noch einen Moment nach. „Ja, davon habe ich gehört. Dort gibt es hervorragende Weine. Rotweine, vor allem. Jetzt erinnere ich mich: Fitou, Faugères, Syrah, Grenache,…“

Als das Team von „Weine in Frankreich“ jedoch nach Weißwein fragt, schüttelt sie den Kopf. „Nein, Weißwein gibt es da unten nicht, oder jedenfalls nur sehr wenig.“

Nicht alle deutschen Weinliebhaber lehnen die Existenz von Weißwein im Languedoc so kategorisch ab wie die befragte Dame - doch viele sind überzeugt, dass Weißwein in dem Weingebiet Südfrankreich zumindest keine große Rolle spielt. 60 Prozent der Befragten sind der Meinung, Weißwein würde vor allem in den nördlichen Provinzen Frankreichs gedeihen.

Erstaunliche Bilanz - denn im Languedoc-Roussillon wachsen 149 verschiedene Weißweine, deren Qualität es durchaus mit den bekannteren Rotweinen aufnimmt. Allen voran der Süßwein, der Vin doux naturel, der in die ganze Welt exportiert wird… und trotzdem oft nicht mit seinem Herkunftsgebiet, dem Languedoc-Roussillon, in Verbindung gebracht wird.

Aber der Süßwein ist nicht der einzige Weißwein aus dem Languedoc. Der Clairette du Languedoc ist ein anderes Beispiel eines bekannten Weines, der von vielen Weinliebhabern mit anderen Gegenden identifiziert wird. Dieser Weißwein hat die Besonderheit, nur eine einzige Rebsorte zu enthalten, die in einem sehr begrenzten Gebiet wächst, das nur 275 Hektar umfasst und dessen Zentrum die kleine Stadt Adissan ist, im Norden von Béziers und Pézenas. In diesem Gebiet wird auch der Rancio-Wein hergestellt, ein sehr spezieller Weißwein, der aus überreif geernteten Trauben gekeltert wird.

Die Qualität der Weißweine von Collioure, auch ein Gebiet, das vorwiegend für seinen Rotwein bekannt ist, wird oft mit der von Châteauneuf-du-Pape verglichen - nur dass sie der Collioure einen etwas niedrigeren Alkoholgehalt hat. Sein Hauptbestandteil ist Weißer Grenache - Grenache blanc - der an heißen Sommerabenden als Erfrischungsgetränk genossen wird.

Andere Rebsorten die im Languedoc als Weißwein gekeltert werden sind Viognier - der oft zum sortenreinen Wein verarbeitet wird, Chardonnay, Roussanne und Gelber Muskateller.
Copyright: Sandra Winters

Montag, 9. Dezember 2013

Grenache und Syrah, Biowein aus Languedoc

Cuvées aus Languedoc: Grenache und Syrah als Biowein

Auch wenn etliche Vertreter der neuen Generation der Winzer aus Languedoc sich für sortenreinen Wein entschieden haben, so gibt es doch andere - sehr oft auch im Bereich des Bioweins aus Languedoc - die das Verschneiden verschiedenen Rebsorten zur Kunst erhoben haben, die sie als Ausdruck ihrer selbst und ihrer Erde empfinden. Eine beliebte Cuvée aus dem Languedoc, die oft auch als roter Biowein gekeltert wird, besteht aus Grenache und Syrah.

Die Hersteller von Biowein im Languedoc zögern nicht, Syrah. als sortenreinen Wein zu keltern. Seine Qualitäten sprechen jedoch auch dafür, ihn in Assemblage zu benutzen: sein aromatisch-fruchtiger Geschmack, sein Bukett, das nach Brombeeren und Heidelbeeren duftet und nicht zuletzt seine lange Lagerfähigkeit kann die Beschaffenheit einer Cuvée nur verbessern. Verschneidet man ihn jedoch mit Grenache, kann man mit einer fast idealen "Ehe" rechnen...

Auch wenn ein Grenache-Biowein aus dem Languedoc nicht so teuer ist wie ein Châteauneuf-du-Pape - einige dieser Edelweine benutzen bis zu 80 Prozent Grenache - wo eine Flasche auf der Basis von Grenache schon den stolzen Preis von 600 € erzielte, so hat die Rebsorte doch Qualitäten, die einer Cuvée zugute kommen. Der einzige Nachteil ist ihre lange Reifezeit: dies ist der Grund, warum Grenache zwar weltweit angepflanzt wird, doch nicht überall als Edeltraube angesehen wird. Nur der Süden mit seiner starken Sonneneinstrahlung, seinem warmen Frühling und der lang anhaltenden Hitze im Herbst erlaubt der Rebe, vollkommen auszureifen und ihre ganze Süße zu entwickeln - auf diese Weise wird die lange Reifezeit, die in nördlicheren Gebieten als Nachteil angesehen wird, im Languedoc zum echten Vorteil.

Dabei ist es überaus günstig, dass die Weinstöcke der Grenache-Trauben aus starkem Holz bestehen und auch unter starkem Wind nicht brechen - denn sonst hätte die lange Reifezeit auch im französischen Süden Probleme bereiten können: es wird im Languedoc zwar früh warm und die Wärme hält bis spät in den Herbst an, doch man muss in diesen Jahreszeiten mit extrem starken Winden rechnen, dem Tramontane und dem Mistral, die schon so manchen Obstbaum und so manchen Weinstock umgebrochen haben. Ein Wein mit kürzerer Reifezeit ist diesen Winden weniger ausgeliefert.

Ein gut ausgereifter Grenache kann bis zu 15 Prozent Alkoholgehalt entwickeln - eine der Qualitäten, die sie zu einem ausgezeichneten Partner von Syrah werden lässt. Grenache hat nur einen "optischen Schönheitsfehler": er wird nicht sehr farbig. Ein Rotwein aus Grenache schmeckt zwar wie ein hervorragender Rotwein, doch er sieht nicht unbedingt so aus - er erinnert manchmal an einen etwas dunkleren Rosé. Doch zusammen mit Syrah und seinem tiefen Dunkelrot wird auch dieser kleine Fehler behoben.

Im Gegensatz zu Syrah, der ein gut ausgewogenes Tannin aufweist, verfügt Grenache nur über einen sehr schwachen Tannin-Gehalt, der jedoch mit dem Alter ansteigen kann. Dieser geringe Tannin-Gehalt zusammen mit dem hohen Zuckeranteil, der sich in der langen Reifezeit bildet - und dem daraus entstehenden hohen Alkoholgehalt - eignet sich Grenache auch hervorragend für eine Cuvée von Süßwein, dem Vin doux naturel. Aus dem gleichen Grund wird er in dem Gebiet von Clairette du Languedoc auch gerne für Rancio-Wein verwendet.
Copyright: Sandra Winters

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Wein aus Roussillon: Verbot von Chaptalisieren

Unruhe im Milieu der Weine aus Roussillon: keine Sondergenehmigung für Zuckerzusatz

Die einen reden von Ungerechtigkeit. Die anderen überlegen nur, wie sie ihren Wein - zur Not künstlich - verbessern können. Und die dritten denken an die Qualität, die natürliche Qualität, ihres Weines.

Wieder einmal gibt es Ärger im Milieu der Weine aus Roussillon. Und wieder einmal geht es um das Chaptalisieren, die Anreicherung von Wein mit Zucker.

In der Regel gehen die Weinliebhaber natürlich davon aus, dass ihr französischer Wein zu hundert Prozent aus gegorenem Rebsaft besteht. In der Regel ist das natürlich auch wahr - doch manchmal gärt der Rebsaft nicht so, wie der Winzer es sich wünschen würde. - Und dann tritt das Chaptalisieren als Retter auf.

Unter Chaptalisieren versteht man die Anreicherung des Weines mit Zucker. Ihr Name weißt auf Jean-Antoine Chaptal hin, einen französischen Chemiker und gleichzeitig Minister, der den Prozess - mit Hilfe der wissenschaftlichen Arbeit des Geistlichen François Rozier - erfunden, oder vielmehr entdeckt, hat. Er beruht auf der Erkenntnis, dass es der natürliche Zucker im Wein ist, den ihn zum gären bringt und einen gewissen Alkoholgehalt entwickelt. Je mehr Zucker ein Wein enthält, je höher wird sein Alkoholgehalt.

Doch nicht jeder Wein hat genügend natürlichen Zucker, um einen befriedigenden Alkoholgehalt entstehen zu lassen. Denn der Zucker entwickelt sich mit dem Reifeprozess, der wiederum direkt mit der Sonneneinstrahlung in Zusammenhang steht. Das Klima von Nordfrankreich, zum Beispiel, kann nicht genügend Sonnenstunden garantieren, damit der Wein wirklich ausreift. So ist Antoine Chaptal auf die Idee gekommen, man könnte eine Art künstliche Gärung herbeiführen, indem man dem Wein zusätzlichen Zucker beifügt. Man hat ausgerechnet, dass knapp 17 Gramm Zucker auf einen Liter Wein den Alkoholgehalt um ein Grad erhöhen.

Wenn es also kein Chaptalisieren gäbe, müsste man auf den Wein aus dem Rhone-Tal, Burgund und dem Elsass weitgehend verzichten. So gehört die künstliche Beifügung von Zucker für die Winzer aus dem Norden Frankreichs inzwischen zum Wein-Alltag. Anders sieht es in südlichen Gebieten aus. Die Sonneneinstrahlung ist dort so intensiv, dass Chaptalisieren einfach nicht nötig ist.

Meistens. Außer in ausgesprochen schlechten Jahren. Und da fängt der Streit dann an.

Die europäische Regelung hinsichtlich des Chaptalisieren teilt die französischen Weine in drei Gruppen. Die erste und zweite Gruppe darf grundsätzlich Zucker beifügen, auch wenn die Zuckermengen rechtlich begrenzt sind. Die dritte Gruppe dagegen darf den Wein nur in besonders kritischen Jahren mit Zucker versetzen, in sehr geringer Menge, und auch nur nach Anfrage bei den entsprechenden Behörden.

Zu dieser dritten Gruppe gehören alle südlichen Weingebiete, die Provence, Languedoc, die Weine der Pyrenäen bis nach Bordeaux. Der Unterschied zwischen den Mitgliedern dieser Gruppe ist nur, dass die Genehmigungen nicht überall gleichmäßig erteilt werden. In Bordeaux, zum Beispiel, wo das Klima zwar noch wärmer ist als im Norden Frankreich, aber unter dem kühleren Einfluss des Atlantik und nicht des Mittelmeeres steht, geht man davon aus, dass der Wein im Durchschnitt nur alle drei Jahre ausreift. Die "Sondergenehmigungen" zur Chaptalisieren sind also häufig.

Anders sieht es aus für den Wein aus Roussillon. Dieses Gebiet, wo der südlichste französische Wein wächst, kann sich in der Regel nicht über Mangel an Sonneneinstrahlung beklagen. Doch es gibt auch hier Ausnahmejahre - wo dann das Chaptalisieren helfen würde, das Jahreseinkommen der Winzer zu retten.

Im Jahre 2012 war es mal wieder soweit. Die Weinlese fand erst spät statt, viele Trauben waren nicht vollständig ausgereift. Die Winzer sorgten sich um die Qualität des Weines aus Roussillon und erbaten die Genehmigung zu Chaptalisieren... die, wie immer, prompt abgelehnt wurde. Die Behörden gehen davon aus, dass der Wein aus Roussillon selbstständig, nur mit Hilfe des Bodens und der Sonne, in der Lage ist, einen optimalen Alkoholgehalt zu entwickeln. Die Winzer reden von Ungerechtigkeit - und die Freunde von Roussillon-Wein von einem hundertprozentig reinen Wein... Denn ohne Chaptalisieren besteht der Wein wirklich aus dem, was man glaubt - aus dem Saft der Rebe.
Copyright: Sandra Winters

Dienstag, 3. Dezember 2013

Französischer Wein: Wein aus Languedoc

Was halten die Kölner von französischem Wein aus Languedoc?

Mittag im Herzen von Köln, an einem ganz normalen Werktag, auf einem der zahlreichen Weihnachtsmärkte der Stadt. Viele Leute haben es offenbar eilig, doch sie nehmen trotzdem den Weg über den Markt, vielleicht um sich an der festlichen Atmosphäre zu erfreuen. Andere lassen sich Zeit, bummeln von Stand zu Stand, trinken einen heißen Kakao oder einen Glühwein. Es ist kalt, aber das muss so sein, vor Weihnachten.

Das Team von Weine in Frankreich erfreut sich auch an der Weihnachtsstimmung. Aber es ist vor allem gekommen, um mit den Leuten auf dem Markt zu reden: über französischen Wein und, vor allem, über Wein aus Languedoc.

Denn jeder in Köln kennt wohl französischen Wein, Bordeaux, Burgunder... Aber wer kennt den Wein aus Languedoc? Er wird zwar innerhalb Frankreichs immer bekannter und verliert langsam seinen alten Ruf, keine sehr große Qualität zu haben - auch wenn ein Ruf festklebt selbst wenn er schon lange nicht mehr der Wahrheit entspricht - so ist er außerhalb  des Landes doch noch nicht sehr bekannt.

"Wein aus Languedoc?", reagiert auch gleich ein Mann in den Fünfzigern, der, wie er erklärt, in seiner Mittagspause gern über den Weihnachtsmarkt schlendert. "Wo liegt denn das?" Das Team von "Weine in Frankreich" gibt ihm einige Stichworte: Frankreich, Mittelmeer, Montpellier. "Ah", sagt darauf der Herr, "ja, ich weiß, wo Montpellier liegt. Klar, dort gibt es ja auch Wein. Und ich habe auch schon welchen getrunken, dort, auf einer Autobahnraststätte." Und wie schmeckte ihm dieser Wein? "Ich erinnere mich nicht mehr."

Der nächste Befragte, ein Mann etwa zehn Jahre jünger als sein Vorgänger, weiß immerhin schon, dass es Weine aus Languedoc gibt. "Ja, französische Weine", seufzt er genießerisch. "Die sind schon gut. Nichts wiegt einen guten Bordeaux auf, Latour oder Mouton Rothschild." Hat er denn schon Wein aus Languedoc gekostet? - Er schüttelt den Kopf. "Nein. Ich trinke nur so richtig guten Wein."

Er wird auch gefragt, woher er denn wisse, dass Languedoc-Wein kein so "richtig guter" französischer Wein sei, wenn er ihn noch nicht gekostet hätte. Doch er zuckt nur mit den Achseln und wiederholt: "Ich trinke nur guten Wein."

Eine etwas jüngere Frau kennt sich dagegen aus. "Ich habe eine Freundin in der Nähe von Montpellier", erzählt sie, "die besuche ich hin und wieder. Und bei ihr gibt es sehr guten Wein, Pic Saint Loup, Chardonnay, Saint-Chinian..." Und auf die Frage, welches ihr französischer Lieblingswein sei, antwortet sie: "Oh, das kann man schlecht sagen. Sie sind so unterschiedlich. Und so viele sind so gut."

Ein Mann, ebenfalls in den Fünfzigern, ist Experte. "Ja, ich kenne den Wein aus Languedoc. Sogar sehr gut. Es gibt dort einige Spitzenweine, die es mit jedem anderen französischen Wein aufnehmen können. Außerdem sind sie billiger als Burgunder-Weine oder Weine aus dem Elsass. Oder natürlich Bordeaux. Ich meine, ihr Preis-Leistungsverhältnis ist weitaus besser. Aber das wird nicht lange so bleiben", fügt er hinzu, "noch kennt kaum einer den Wein aus Languedoc und man muss keinen großen Namen bezahlen. Aber in einigen Jahren wird dieser Wein bekannt sein, und dann wird er genauso teuer, wie andere französische Weine."

Eine Frau in seinem Alter hat auch schon Languedoc-Wein getrunken. "In den Ferien", erklärt sie, "fahren wir öfter nach Südfrankreich. Dort ist die Küste nicht ganz so touristisch wie in Spanien. Und ich kann mein altes Französisch ein bisschen aufpolieren." Dort hat sie auch den Wein aus Languedoc gekostet. "Ich mag ihn gern", sagt sie, "er schmeckt so angenehm fruchtig und erinnert an das Mittelmeer. Aber das liegt ja vielleicht auch an der Ferienstimmung. Hier trinke ich nur selten Wein..."

Ein Student - etwa 25 Jahre alt - macht genießerische Augen. "Oh ja, wir trinken oft Rotwein aus Languedoc. Fougères. Oder Pic Saint Loup. Er ist sehr gut." Und trinkt er auch Weiß- oder Rosé-Wein aus dem Languedoc? "Rosé? Weißwein? Keine Ahnung. Ich dachte, am Mittelmeer gäbe es nur Rotwein."

Insgesamt kannten etwa 45 Prozent der Befragten den Wein aus Languedoc zumindest vom Hörensagen, etwas über 35 Prozent hatte ihn schon gekostet. Fast alle waren sich einig, dass er sehr gut schmeckt, doch etwa die Hälfte behauptete, es gäbe in Frankreich noch weitaus bessere Weine, aber die wären in der Regel unerschwinglich.
Copyright: Sandra Winters

Montag, 2. Dezember 2013

Französischer Wein - Wein aus Frankreich

Ist jeder Wein aus Frankreich ein französischer Wein?

Kein Zweifel - französischer Wein ist seit Jahrhunderten ein Begriff für Qualität, in Deutschland, in Europa, in der ganzen Welt. Aber... was versteht man eigentlich unter "französischem Wein". Ist jeder Wein aus Frankreich ein französischer Wein? Und kommt jeder französische Wein aus Frankreich?

Die zweite Frage ist leicht zu beantworten. Ein Wein, der nicht auf französischem Boden gewachsen und in Frankreich gekeltert wurde, darf nach internationalem Recht nicht französischer Wein genannt werden. Genauso wie ein Schaumwein - unabhängig von seiner Qualität - das Etikett "Champagner" nur tragen darf, wenn er im offiziell erklärten Gebiet des Champagners gelesen und hergestellt wurde. Das gleiche gilt für alle Weine, die das Label einer geschützten Herkunftsbezeichnung tragen.

Die erste Frage ist dagegen komplizierter als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Ist jeder Wein aus Frankreich wirklich ein französischer Wein? - Was die Herkunftsbezeichnung angeht, natürlich. Jeder Wein der auf französischem Territorium produziert wird ist, rechtlich gesehen, ein französischer Wein. Doch in den Augen vieler Deutscher oder Amerikaner, ist nicht jeder Wein aus Frankreich wirklich ein französischer Wein. Denn sie haben sehr klare Ansichten über das, was sie unter französischem Wein verstehen.

Auf die Bitte, spontan einen französischen Wein zu nennen, antworten die meisten deutschen Weinliebhaber automatisch "Bordeaux" oder "Burgunder". Und wenn sie zwischen einem mittelmäßigen Bordeaux und einem ausgezeichneten Wein aus Languedoc zu wählen haben - natürlich ohne die Preise der Flaschen zu kennen - so wählen die meisten immer noch den Bordeaux.

Doch so unterschiedlich die Weine auch sein mögen, französische Weine sind nicht beschränkt auf Bordeaux und Burgunder. Ein Wein aus Frankreich, der die Qualität aufweist, die man traditionell von ihm erwartet, kann aus jedem beliebigen Weinbaugebiet auf französischem Boden kommen.

Der wesentliche Unterschied zwischen den verschiedenen Weinen von Frankreich hängt nicht unbedingt von den Rebsorten ab, sondern vom Boden und vom Klima. Die Gebiete rund ums Mittelmeer, der Wein aus Languedoc, Roussillon und Provence, profitieren von einer weitaus höheren Sonneneinstrahlung als die Gebiete weiter nördlich, das Rhone-Tal mit den Rhone-Weinen, dem Burgunder und dem Beaujolais, oder als der Bezirk von Bordeaux, im Südwesten von Frankreich, wo der Einfluss des Atlantik vorherrscht.

Diese höhere Sonneneinstrahlung im Gebiet des Weines von Languedoc, Roussillon und Provence bedeutet aber nicht nur schnellere und sicherere Reife der Trauben, sondern auch größere Trockenheit. So können im Süden von Frankreich ausschließlich Rebsorten verwendet werden, die Trockenheit und entsprechend arme Böden vertragen. In Bordeaux dagegen und im Rhone-Tal müssen die Böden in der Lage sein, größere Regenmengen zu absorbieren ohne dass der Wein verwässert wird.

Dazu kommt, dass das Problem der Reife der Trauben in Bordeaux und den nördlichen Gebieten größer ist als für den Wein aus Languedoc, Roussillon oder Provence. Die Weinstöcke sind im Mittelmeergebiet äußerst selten dem gefürchteten Frühjahrsfrost ausgesetzt. Selbst spät reifende Weine können ruhig ausreifen und die Winzer eine späte Weinlese programmieren, da das Wetter in der Regel bis Ende Oktober warm und sonnig bleibt.

Die Klimafragen und die damit verbundene Verschiedenheit der Böden haben natürlich großen Einfluss auf den Geschmack des Weines. So findet man im Mittelmeergebiet öfter starke, gut ausgewogene Tannins, die die Zeit haben, voll auszureifen. Es liegt auch am Klima, dass es im Languedoc, Roussillon oder in der Provence weniger schlechte Weinjahre gibt als in Bordeaux, wo ein Regenguss im falschen Moment - zum Beispiel bei der Weinlese - oder eine zu frühe Frostnacht die Hoffnungen eines ganzen Jahres zunichte machen kann.

Copyright: Sandra Winters