Dienstag, 18. Juni 2013

AOC Languedoc, Wein und Phylloxera

Warum wir die Entstehung des AOC Languedoc der Phylloxera verdanken


Eigentlich ist es schwer zu glauben, dass solch ein winziges Insekt solch großen Schaden anrichten sollte. Übrigens war man im Languedoc damals überzeugt, den wahren Schuldigen an der Phylloxera zu kennen: den Erfinder des Dampfers. Denn wäre der Dampfer nicht erfunden worden, so hieß es, hätte man den Wein aus Amerika nicht so schnell über den Ozean transportieren können, und die gefährlichen Blattläuse wären tot gewesen, bevor sie in Europa ankamen. Doch mit dem Dampfer ging eben alles viel zu schnell.

Als im 18. und 19. Jahrhundert französische Pioniere nach Amerika gingen, wollten sie auf den guten Wein ihrer Heimat nicht verzichten. Flaschen konnte man damals noch nicht exportieren oder, besser gesagt, der Transport war derartig lang und kompliziert, dass der Import von europäischen Spezialitäten nach Amerika den Reichen vorbehalten war.

Was lag also näher, als den Wein direkt auf dem eigenen Feld zu produzieren? Denn das geübte Auge der französischen Weinbauern, die nach Amerika ausgewandert waren, um dort billiges Land und Reichtum zu finden, stellte bald fest, dass der Boden in manchen Gegenden dem in Frankreich ähnelte. - Später stellte man dann fest, dass die geübten Weinbauern sich getäuscht hatten. Sämtliche Weinstöcke gingen ein. Aber vorher hatte man noch die Zeit, einiges von dem amerikanischen Wein nach Frankreich zu transportieren - und mit ihm die Reblaus, die die Phylloxera produzierte.

Die Methode, einen Weinstock zu töten, ist für diese Läuse ganz einfach: sie greifen die Wurzeln an und saugen von dort aus den Saft aus der Pflanze, die langsam aber sicher eingeht. So kriegt man die Phylloxera erst mit, wenn es definitiv zu spät ist. Das Gebiet des heutigen AOC Languedoc wurde am schwersten betroffen. Die Rebart, die damals dort wuchs, Vitis vanifera, "schmeckte" den Rebläusen ganz ausgezeichnet, und schon bald gab es fast keinen Weinberg mehr, der der Phylloxera nicht zum Opfer gefallen wäre.

Languedoc ohne Wein - undenkbar. Es musste also schnell Abhilfe geschaffen werden. Und die Wissenschaftler, die sich an der Universität von Montpellier zusammengetan hatten, fanden bald eine logische Lösung: wenn der Schädling aus Amerika eingeschleppt wurde, dort aber nur die importierten französischen Weinstöcke zerstört, so müssen die amerikanischen Rebsorten ja eigentlich immun sein. - Es war sicherlich nicht leicht, die Winzer aus dem Languedoc davon zu überzeugen, ihre einheimischen Weine auf amerikanische Wurzelstöcke zu pfropfen - doch am Anfang schien dies die einzige Lösung zu sein, schnell wieder einen Qualitätswein zu produzieren.

Leider funktionierte auch diese Idee nicht lange. Die amerikanischen Wurzelstöcke konnten sich nicht so recht dem Boden des Languedoc anpassen. So war man gezwungen, minderwertige Rebsorten aus Spanien zu importieren, zum Beispiel den Carignan oder den Mourvèdre.

Doch schon Mitte des 20. Jahrhunderts war es klar, dass diese ursprünglich minderwertigen Rebsorten nichts "minderwertiges" mehr an sich hatten. Und als der erste Wein von Languedoc zum AOC Languedoc (geprüfte Herkunftsbezeichnung) erklärt wurde - der AOC Fougères -, da wusste man, dass die Phylloxera den Weinliebhabern fast einen Gefallen getan hatte. Denn mit der Erneuerung war den Winzern klar geworden, dass beim Wein nicht die Quantität sondern die Qualität zählte. Und aus den importierten "minderwertigen" Rebarten ist der weltweit bekannte Spitzenwein AOC Languedoc geworden...
Copyright: Sandra Winters

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen