Wie Merlot vom traditionellen verschnittenen Wein im Languedoc zum sortenreinen Wein wurde
Wie Merlot vom traditionell verschnittenen Wein im
Languedoc zum sortenreinen Wein wurde. Das erste, was bei der Rebsorte Merlot auffällt, ist ihre
schöne, tief dunkelrote Robe. Die Romantiker unter den Weinliebhabern meinen,
ihr Name hinge mit ihrer Farbe zusammen und enthielte eine Anspielung auf das
dunkle Kleid der Amseln - Merlot heißt "kleine Amsel" in okzitanisch,
der Sprache des Languedoc. Andere, weniger romantische Kenner der Weine behaupten,
man hätte der Rebe ihren Namen gegeben, weil die Vögel so gern an ihren Trauben
pickten...
Jedenfalls unterstützt der Name die Theorie, dass Merlot
ursprünglich aus dem Languedoc stammt. Die erste offizielle Nennung der
Weinrebe erfolgte jedoch im 18. Jahrhundert in der Region von Bordeaux, wo
Merlot-Wein eine seiner ersten Auszeichnungen erhielt.
Traditionell wird Merlot in Frankreich mit verschiedenen
anderen Weinen verschnitten, in Bordeaux zum Beispiel vorwiegend mit Cabernet
Sauvignon, der oft ein sehr starkes Tannin entwickelt, das durch Merlot, das
heißt durch seinen niedrigen Tannin-Gehalt und der dünnen Haut der Trauben,
verfeinert werden kann. Dazu kommt, dass Merlot den Weinen eine sattere rote
Farbe verleiht.
Ein anderer interessanter Charakterzug von Merlot ist,
dass er nicht nur früh reif wird, sondern auch schnell überreif. Wenn man ihn
eher ein wenig zu früh einbringt, bleibt die natürliche Säure des Weines
erhalten - was zum Beispiel einen wichtigen Geschmacksfaktor in den Weinen von
Château Pétrus ausmacht. Andere Weinproduzenten ziehen es jedoch vor, die
Traube überreif werden zu lassen, damit sie ihren fruchtigen Geschmack voll
entwickeln kann. Dieser Unterschied in der Zeit der Weinlese ist eins der
"Geheimnisse" der unterschiedlichen Geschmäcker von Merlot.
Während man in Frankreich weitgehend auf die Tugenden des
"puren", das heißt unverschnittenen, Merlot verzichtet hat, war es in
einigen anderen Ländern üblich, ihn als sortenreinen Wein zu behandeln. Kalifornien
gehörte zu den Weinbauländern, in denen Merlot lange nur sortenrein gekeltert
wurde - bis Warren Winiarski auftauchte.
Nach Studien an der Universität von Chikago und in
Italien hatte sich der junge Warren Winiarski davon überzeugt, dass ihn die
Wissenschaft nicht wirklich fesseln konnte. Was ihn interessierte und
faszinierte war der Weinbau. So ließ er seine Studien schließlich fallen und
begann, in bekannten Weingütern zu arbeiten. Mit 42 kaufte er sich dann sein
eigenes kleines Weingut und bepflanzte es mit Cabernet Sauvignon und Merlot,
die er miteinander und mit der in Kalifornien üblichen, einheimischen Rebsorte
Petite Sirah verschnitt.
Der Erfolg ließ nicht auf sich warten, und schon sechs
Jahre nach dem Kauf seines Weinguts wurde seine Produktion beim berühmten
Pariser Wein-Wettbewerb ausgezeichnet. Sein Sieg brachte ihm zwar viel Ärger
mit seinen französischen Kollegen ein, die einfach nicht einsehen wollten, dass
ein kalifornischer Wein besser sein könnte als ein französischer, doch er
überzeugte auch seine kalifornischen Winzerkollegen, dass ein Verschnitt mit
Merlot eine gute Idee sein könnte. - So wurde auch in Kalifornien quasi kein
sortenreiner Merlot-Wein mehr produziert.
In Frankreich blieb man der Tradition eines
verschnittenen Merlot mehr oder weniger treu, bis die junge Generation der
Weinmacher aus dem Languedoc auftauchte. Die Jungwinzer waren auf der Suche
nach etwas Neuem oder, zumindest, nach etwas, das nicht zu den üblichen
Traditionen gehörte. Die niedrige Quantität der Weine im Languedoc nach der
Phylloxera hatte sie überzeugt, auf Qualität zu setzen, und nicht auf
Quantität. Dazu kam 2004 die Umbenennung von Coteaux de Languedoc zu AOC Languedoc und die Verschärfung der Regeln der AOC-Weine.
Auf der Suche nach anderen Wegen - das heißt auf Wegen,
die zu einem guten, qualitativen Wein führen, auch wenn er nicht unbedingt den
Normen der AOC entspricht - wurde der sortenreine Merlot wieder entdeckt. Seitdem produzieren viele junge Winzer aus dem Languedoc einen
Wein, der alle Tugenden des Merlot in sich vereint: die dunkelrote Robe, sein fruchtiges, weiches
Tannin, das sich bei den Merlot-Reben aus warmen Gebieten wie dem Languedoc
noch stärker bemerkbar macht als in Regionen wie Bordeaux, wo der Wein mehr Wasser
und weniger Sonne genießt.
Copyright: Sandra Winters
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