Ist jeder Wein aus Frankreich ein französischer Wein?
Kein Zweifel - französischer Wein ist seit Jahrhunderten
ein Begriff für Qualität, in Deutschland, in Europa, in der ganzen Welt.
Aber... was versteht man eigentlich unter "französischem Wein". Ist
jeder Wein aus Frankreich ein französischer Wein? Und kommt jeder
französische Wein aus Frankreich?
Die zweite Frage ist leicht zu beantworten. Ein Wein, der
nicht auf französischem Boden gewachsen und in Frankreich gekeltert wurde, darf
nach internationalem Recht nicht französischer Wein genannt werden. Genauso wie ein Schaumwein -
unabhängig von seiner Qualität - das Etikett "Champagner" nur tragen
darf, wenn er im offiziell erklärten Gebiet des Champagners gelesen und
hergestellt wurde. Das gleiche gilt für alle Weine, die das Label einer
geschützten Herkunftsbezeichnung tragen.
Die erste Frage ist dagegen komplizierter als es auf den
ersten Blick den Anschein hat. Ist jeder Wein aus Frankreich wirklich ein
französischer Wein? - Was die Herkunftsbezeichnung angeht, natürlich. Jeder
Wein der auf französischem Territorium produziert wird ist, rechtlich gesehen,
ein französischer Wein. Doch in den Augen vieler Deutscher oder Amerikaner, ist
nicht jeder Wein aus Frankreich wirklich ein französischer Wein. Denn sie haben
sehr klare Ansichten über das, was sie unter französischem Wein verstehen.
Auf die Bitte, spontan einen französischen Wein zu
nennen, antworten die meisten deutschen Weinliebhaber automatisch
"Bordeaux" oder "Burgunder". Und wenn sie zwischen einem
mittelmäßigen Bordeaux und einem ausgezeichneten Wein aus Languedoc zu wählen
haben - natürlich ohne die Preise der Flaschen zu kennen - so wählen die
meisten immer noch den Bordeaux.
Doch so unterschiedlich die Weine auch sein mögen,
französische Weine sind nicht beschränkt auf Bordeaux und Burgunder. Ein Wein
aus Frankreich, der die Qualität aufweist, die man traditionell von ihm
erwartet, kann aus jedem beliebigen Weinbaugebiet auf französischem Boden
kommen.
Der wesentliche Unterschied zwischen den verschiedenen
Weinen von Frankreich hängt nicht unbedingt von den Rebsorten ab, sondern vom
Boden und vom Klima. Die Gebiete rund ums Mittelmeer, der Wein aus Languedoc, Roussillon
und Provence, profitieren von einer weitaus höheren Sonneneinstrahlung als die
Gebiete weiter nördlich, das Rhone-Tal mit den Rhone-Weinen, dem Burgunder und
dem Beaujolais, oder als der Bezirk von Bordeaux, im Südwesten von Frankreich,
wo der Einfluss des Atlantik vorherrscht.
Diese höhere Sonneneinstrahlung im Gebiet des Weines von
Languedoc, Roussillon und Provence bedeutet aber nicht nur schnellere und
sicherere Reife der Trauben, sondern auch größere Trockenheit. So können im
Süden von Frankreich ausschließlich Rebsorten verwendet werden, die Trockenheit
und entsprechend arme Böden vertragen. In Bordeaux dagegen und im Rhone-Tal
müssen die Böden in der Lage sein, größere Regenmengen zu absorbieren ohne dass
der Wein verwässert wird.
Dazu kommt, dass das Problem der Reife der Trauben in
Bordeaux und den nördlichen Gebieten größer ist als für den Wein aus Languedoc,
Roussillon oder Provence. Die Weinstöcke sind im Mittelmeergebiet äußerst
selten dem gefürchteten Frühjahrsfrost ausgesetzt. Selbst spät reifende Weine
können ruhig ausreifen und die Winzer eine späte Weinlese programmieren, da das
Wetter in der Regel bis Ende Oktober warm und sonnig bleibt.
Die Klimafragen und die damit verbundene Verschiedenheit
der Böden haben natürlich großen Einfluss auf den Geschmack des Weines. So
findet man im Mittelmeergebiet öfter starke, gut ausgewogene Tannins, die die
Zeit haben, voll auszureifen. Es liegt auch am Klima, dass es im Languedoc,
Roussillon oder in der Provence weniger schlechte Weinjahre gibt als in
Bordeaux, wo ein Regenguss im falschen Moment - zum Beispiel bei der Weinlese -
oder eine zu frühe Frostnacht die Hoffnungen eines ganzen Jahres zunichte
machen kann.
Copyright: Sandra Winters
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