Freitag, 5. April 2013

Bordeaux 1961 und die Önologie

Ein erstaunlicher Jahrhundertwein und der Einzug der Önologie in Bordeaux 1961

Es war schon ein verrücktes Jahr, dieses Bordeaux 1961. Obwohl der letzte Jahrhundertwein gerade mal zwei Jahre alt war, so liefen doch viele Leute mit geschockter oder trauriger Mine herum - alle Leute, die in Bordeaux etwas mit Wein zu tun haben, und das sind sehr viele… Denn das Frühjahr sagte einen sehr schlechten Jahrgang Bordeaux 1961 voraus.

Ein Frühjahr, wo die Blüten auf den Weinstöcken erfrieren - das ist selten im Süden von Frankreich. Und doch war es so in Bordeaux 1961: etwa die Hälfte der Ernte war von vornherein verurteilt. Was konnte ein Jahr noch bringen, wo man schon im Frühjahr wusste, dass nicht viel Wein heranreifen würde… wenn er es überhaupt schaffen würde, heranzureifen.

Aber man hatte auch anderes zu tun, in diesem Jahr Bordeaux 1961. Es war Zeit, mal so richtig über die Technik der Weinverarbeitung nachzudenken. Der große Frost von 1956 hatte gezeigt, dass der Mensch immer noch schwächer war als die Natur - und in diesem Frühjahr sah es ganz so aus, als sollte sich diese schlechte Erfahrung wiederholen. Andererseits hatte der Jahrgang 1959 mit seinem gelungenen Wein die Augen der Welt zurückgerichtet auf Bordeaux und seine Weine. War es nicht eine Art von Pflicht, den Ruf der Gegend durch eine moderne Weinverarbeitung zu unterstützen.

So löste das Zusammenspiel von sehr guten und sehr schlechten Jahren den Startschuss aus für eine neue Weinphilosophie in Bordeaux. Man zählte nicht mehr nur auf die Natur, sondern auch auf die moderne Technologie. Die ersten bekannten Önologen hielten ihren Einzug in Bordeaux.

Doch trotz allen bösen Voraussagen wurde der eisige Frühling Bordeaux 1961 von einem herrlich heißen Sommer abgelöst. Die Blüten, die nicht erfroren waren, entwickelten sich zu Trauben, die schnell reiften und eine erstaunliche Fruchtigkeit entwickelten. Bei der Weinlese herrschte mildes, klares Wetter, und man merkte schließlich, dass man es mit einem echten Jahrhundertwein zu tun hatte. Seine Quantität war zwar gering - der Verlust im Frühjahr war nicht wieder gut zu machen, aber seine Qualität war einzigartig…
Copyright: Sandra Winters

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