Dienstag, 29. Oktober 2013

Sandwein aus der Camargue: Mourvèdre, Urahn der Vins des Sables

Wie die Rebsorte Mourvèdre in die Camargue zurückkehrte und zu Sandwein wurde


Offiziell wurde der Sandwein, der Vin des Sables, so wie wir ihn heute kennen, 1880 von der Firma Listel "erfunden", das heißt, genauer gesagt, von der Compagnie des Salins du Midi (Gesellschaft für die Salzgewinnung im Mittelmeerraum). Die Wissenschaftler der damals größten Firma der Camargue - deren eigentliche Aktivität in der Salzgewinnung bestand - waren wissbegierig wie alle Wissenschaftler, und ihre Chefs hatten natürlich immer Lust, ein paar Tausender nebenbei zu verdienen. Als diese Wissenschaftler das "Geheimnis" des Überlebens der Weine in bestimmten Ecken der Camargue entdeckt hatten, reagierten die Manager der Salz-Firma dann auch prompt: sie gründeten Listel und wurden zum größten Weinhersteller der Camargue - und zu einem der größten von Frankreich.

Doch eigentlich wurde der Sandwein der Camargue von niemandem "erfunden", sondern man kann ihn als natürlichen Wein der Camargue betrachten - Listel hat also nicht den Sandwein, sondern nur seinen systematischen Anbau und die entsprechende Vermarktung eingeführt. Der hohe Sandgehalt im Boden der Camargue war schon immer ein natürlicher Schutz gegen die Insekten, und die häufige Überflutung der Weinfelder sorgte dafür, dass selbst die Schädlinge, die sich im Sand bewegen und ernähren können, noch ausgerottet werden.

Wenn man heute - dank Listel - Wein aus der Camargue automatisch mit  Sandwein identifiziert, so wuchsen doch nicht alle Ahnen der heutigen Vins des Sables ausschließlich auf Sand. Dabei kann man sagen, dass die Geschichte des Weines aus der Camargue sich im Kreis gedreht hat. Denn heute herrscht im Weingarten der Camargue und der gesamten Provence die Rebsorte Mourvèdre vor. Doch vor dem großen Weinsterben im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war nur noch sehr wenig Mourvèdre in der Camargue zu finden. Mourvèdre oder Monastrell wurde erst nach der Phylloxera eingeführt, mit den Rebsorten, die die frühere Quantität der Camargue-Weine durch Qualität ersetzen sollten. Aber trotz der unumstrittenen Qualität der Mourvèdre-Weine gab es bald Stimmen, die sich beklagten, der Wein aus der Camargue wäre nicht mehr so, wie er vor dem Einfall der Reblaus war...

Doch diese Stimmen haben sich offensichtlich geirrt. Denn man müsste eigentlich eher von einer "Wiedereinführung" des Mourvèdre sprechen: wenn Weinliebhaber wie der Antipapst aus Avignon, Jean XXII. im 14. Jahrhundert oder Könige wie Charles VI oder sein Nachfolger im 15. Jahrhundert ihre Weinkeller mit Weinen aus der Camargue füllten, dann lag das vorwiegend an ihren Rebsorten: und eine davon war Mourvèdre, die famose Plant de Saint-Gilles..

So gehört Mourvèdre, die Rebsorte, die unter all den nach der Phylloxera eingeführten Rebsorten den größten Erfolg erzielte, zu den Ahnen des Sandweines.
Copyright: Sandra Winters

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