Samstag, 23. Februar 2013

Château d'Yquem 1963, Château d'Yquem 1973 und die Edelfäule

Warum Château d'Yquem 1973 kränker und gleichzeitig so viel besser war als Château d'Yquem 1963

Mancher ist erstaunt, wenn er hört, dass der ausgewogene Geschmack und die Eleganz von Château d'Yquem eigentlich die Folgen einer Krankheit sind. Der Botrytis, ein Pilz, der die Trauben befällt, nistet sich auf den Beeren des Château d'Yquem ein. Er bewirkt eine Konzentration des Traubensaftes, die alle Aromastoffe in einen Teil der Beere presst. Eine befallene Weinbeere sieht aus, als wäre sie halb ausgetrocknet und ist mit weißen Punkten übersät.

Was für die Pflanze eine Krankheit ist, ist für den Weinliebhaber ein Vorteil. Durch die Konzentration der Aromastoffe erhöht sich der Zuckergehalt - der durch die natürlichen Säurestoffe des Weines ausgeglichen wird - und Château d'Yquem produziert einen Wein mit reichem Aroma.

Die Weinliebhaber haben dem Botrytis den Namen Edelfäule verliehen. Die Weinbeere verfault unter dem Einfluss des Pilzes, aber ihr Saft wird zu einem der edelsten Getränke der Welt.

Der Nachteil dieser Technik, die vor Jahrhunderten in Château d'Yquem entdeckt wurde, ist allerdings, dass die Weinlese sehr lange dauert. Jede Beere muss mit der Hand geerntet werden, nachdem man sich vergewissert hat, dass die Edelfäule ausgereift ist, das heißt, das sie den Saft genügend konzentriert hat, damit er die für diese Krankheit typischen Aromastoffe und Zucker entwickeln kann. Jede einzelne Beere hat eine unterschiedliche Reifezeit, und so zieht sich die Weinlese oft über den ganzen Herbst hin.

Ohne die Entwicklung der Edelfäule hat der Wein aus Château d'Yquem nicht die Qualität, für die er bekannt ist. Das ist der Grund, warum er nicht alle Jahre produziert wird - noch mehr als andere Bordeaux-Weine hängt er vom Wetter ab. Er braucht viel Sonne und Trockenheit, damit die Beere genügend "geschwächt" ist, um anfällig auf die Edelfäule zu werden. Doch damit sich die Krankheit richtig entwickeln kann, braucht der Château d'Yquem nach der großen Hitze im Sommer einen verregneten Herbst.

Château d'Yquem 1963 war solch ein Jahr, das die Liebhaber des weißen Likörweins nicht sehr glücklich machte. Ein verregneter Sommer verhinderte die "Leidenszeit", die die Traube schwächt. Der Sommerregen reichte nicht aus, dass sich die Edelfäule entwickelte, und der Château d'Yquem 1963 brachte nicht den nötigen Zuckergehalt hervor, um seinen natürlichen Säuregrad auszugleichen.

Zehn Jahre später jedoch jubelten die Liebhaber des weißen Likörweins. Während die anderen Bordeaux-Weine nur sehr mittelmäßig wurden, war der Château d'Yquem 1973 ausgezeichnet: auf einen sehr heißen Sommer folgten starke Regenfälle im Herbst. Dieser Regen verwässerte die meisten Bordeaux-Weine, aber Château d'Yquem 1973 konnte genügend Edelfäule entwickeln, um zu einem sehr guten Jahrgang zu werden.
Copyright: Sandra Winters

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