Warum Château d'Yquem 1973 kränker und gleichzeitig so viel besser war als Château d'Yquem 1963
Mancher ist erstaunt, wenn er hört, dass der ausgewogene
Geschmack und die Eleganz von Château d'Yquem eigentlich die Folgen einer
Krankheit sind. Der Botrytis, ein Pilz, der die Trauben befällt, nistet sich auf
den Beeren des Château d'Yquem ein. Er bewirkt eine Konzentration des
Traubensaftes, die alle Aromastoffe in einen Teil der Beere presst. Eine
befallene Weinbeere sieht aus, als wäre sie halb ausgetrocknet und ist mit
weißen Punkten übersät.
Warum Château d'Yquem 1973 kränker und gleichzeitig so viel besser war als Château d'Yquem 1963
Was für die Pflanze eine Krankheit ist, ist für den
Weinliebhaber ein Vorteil. Durch die Konzentration der Aromastoffe erhöht sich
der Zuckergehalt - der durch die natürlichen Säurestoffe des Weines
ausgeglichen wird - und Château d'Yquem produziert einen Wein mit reichem
Aroma.
Die Weinliebhaber haben dem Botrytis den Namen Edelfäule verliehen. Die Weinbeere verfault unter dem Einfluss des Pilzes, aber ihr Saft
wird zu einem der edelsten Getränke der Welt.
Der Nachteil dieser Technik, die vor Jahrhunderten in Château
d'Yquem entdeckt wurde, ist allerdings, dass die Weinlese sehr lange dauert. Jede
Beere muss mit der Hand geerntet werden, nachdem man sich vergewissert hat,
dass die Edelfäule ausgereift ist, das heißt, das sie den Saft genügend
konzentriert hat, damit er die für diese Krankheit typischen Aromastoffe und
Zucker entwickeln kann. Jede einzelne Beere hat eine unterschiedliche
Reifezeit, und so zieht sich die Weinlese oft über den ganzen Herbst hin.
Ohne die Entwicklung der Edelfäule hat der Wein aus Château
d'Yquem nicht die Qualität, für die er bekannt ist. Das ist der Grund, warum er
nicht alle Jahre produziert wird - noch mehr als andere Bordeaux-Weine hängt er
vom Wetter ab. Er braucht viel Sonne und Trockenheit, damit die Beere genügend
"geschwächt" ist, um anfällig auf die Edelfäule zu werden. Doch damit
sich die Krankheit richtig entwickeln kann, braucht der Château d'Yquem nach
der großen Hitze im Sommer einen verregneten Herbst.
Château d'Yquem 1963 war solch ein
Jahr, das die Liebhaber des weißen Likörweins nicht sehr glücklich machte. Ein
verregneter Sommer verhinderte die "Leidenszeit", die die Traube
schwächt. Der Sommerregen reichte nicht aus, dass sich die Edelfäule
entwickelte, und der Château d'Yquem 1963 brachte nicht den nötigen Zuckergehalt
hervor, um seinen natürlichen Säuregrad auszugleichen.
Zehn Jahre später jedoch jubelten die Liebhaber des
weißen Likörweins. Während die anderen Bordeaux-Weine nur sehr mittelmäßig
wurden, war der Château d'Yquem 1973 ausgezeichnet: auf einen sehr heißen
Sommer folgten starke Regenfälle im Herbst. Dieser Regen verwässerte die
meisten Bordeaux-Weine, aber Château d'Yquem 1973 konnte genügend Edelfäule
entwickeln, um zu einem sehr guten Jahrgang zu werden.
Copyright: Sandra Winters
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