Wie Robert Parker seine Meinung änderte: Besuch im Château Cheval Blanc
Wie alle Kreise, wo es interessante Leute und edle Produkte gibt, ist auch
die Welt des Weines nicht von Gerüchten verschont. Keiner weiß, ob sie wahr
sind, jeder glaubt im Geheimen zumindest ein wenig daran, und viele haben Spaß
daran, sie weiterzuverbreiten.
Jeder weiß, dass Château Cheval Blanc zu den Spitzenweinen aus Bordeaux
gehört. Wer würde es wagen, an seiner Qualität zu zweifeln? Selbst in einem
schlechten Jahrgang bleibt Cheval Blanc stets ein edler, profunder und ein
bisschen exotischer Wein.
Doch ein bekannter Weinkritiker, Robert Parker, wagte es eines Tages. In
"Weinkreisen" ist Robert Parker sowas wie ein Fels, auf dem die
Qualitätsweine ihren Ruf bauen. Er ist der bekannteste Weinkritiker Amerikas,
und sein Wort hat internationale Bedeutung. In Amerika - und in vielen
europäischen Ländern - kauft kein Sammler nur eine Flasche, wenn Robert Parker
dagegen ist.
Seine Spezialität: Bordeaux-Weine. Die Meinung von Robert Parker ist
ausschlaggebend für den Ruf und den Preis eines Jahrgangs im Weinland Bordeaux.
So ist es klar, dass auch Bernard Arnault und Albert Frère, die Besitzer des
Château Cheval Blanc, jedes Jahr von neuem mit Spannung auf das Urteil von
Robert Parker warten. Ist es positiv, so wird ihr Wein teuer gehandelt - ist es
schlecht, riskiert er, in den Regalen der Supermärkte zu enden.
Und 1981 geschah es dann: Nach der offiziellen Kostprobe war Robert Parker
nicht glücklich - und stufte den Wein aus Cheval Blanc herab. Eine Katastrophe
für die Besitzer des Weinguts.
Eine Katastrophe auch für ihren Verwalter, Jacques Hebrard. Das Gerücht
sagt, er wäre sehr ärgerlich gewesen, und hätte insistiert, dass Robert Parker
seinen Test im Château wiederholt. Er war sicher, der bekannte Kritiker hätte
sich geirrt.
Robert Parker folgte der Einladung, vertrauensvoll, vielleicht bereit,
seine Kritik noch mal zu überdenken. Aber zunächst einmal hatte er keine Zeit,
ein Glas Cheval Blanc zu kosten. Denn als er im Hof des Gutes aus dem Auto
stieg, stürzte sich ein Hund auf ihn. Jacques Hebrard, so sagt man, anstatt dem
Gast zu helfen, stand müßig daneben - vielleicht grinste er - und reichte dem
Kritiker eine Kopie des verheerendes Artikels.
Angeblich hätte Robert Parker später behauptet, er hätte geblutet, und
Jacques Hebrard hätte ihm seine Hilfe verweigert. Der Verwalter sagt dagegen,
das Ganze wäre Blödsinn, der Kritiker wäre nicht verletzt worden.
Was wirklich geschah, wissen nur Parker und Hebrard - und sein Hund.
Tatsache ist, dass der Amerikaner den Wein erneut kostete, ihn vollkommen anders fand als das erste mal und ihm eine sehr gute Wertung gab...
Copyright: Sandra Winters
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